Unterrichtsstunde „Vater unser – ein Gespräch mit Gott“
(Gymnasium, 90 Minuten)
(I) Einführung (10 Minuten)
Einstieg:
Beginne die Stunde mit einer kurzen persönlichen Frage: „Wann habt ihr zuletzt mit jemandem wirklich intensiv gesprochen?“
Kurz auf das Vaterunser hinweisen: „Habt ihr jemals darüber nachgedacht, dass Beten ein Gespräch ist?“
Vorlesen des Texts:
Lasse den obigen Text „Vater unser – ein Gespräch mit Gott“ entweder von der Lehrkraft oder von einem Schüler laut vorlesen. Alternativ kann der Text als szenische Lesung von mehreren Schülern gestaltet werden, die abwechselnd die Dialogteile sprechen.
(II) Diskussion (20 Minuten)
Analyse des Textes:
Teile die Klasse in Kleingruppen (3-4 Schüler) ein. Jede Gruppe bekommt die Aufgabe, die im Text angesprochenen Fragen zu reflektieren:
Was bedeutet „Geheiligt werde dein Name“?
Was bedeutet es, dass Gottes Reich kommen soll?
Inwiefern ist das Gebet eine Einladung zum Mitgestalten der Welt?
1. Was bedeutet „Geheiligt werde dein Name“?
„Geheiligt werde dein Name“ bedeutet, dass Gottes Name als heilig anerkannt und respektiert werden soll. In biblischem Sinne drückt das Heiligen eines Namens die tiefe Ehrfurcht und den Respekt aus, den Gläubige vor Gott haben. Es bedeutet, dass Gottes Wesen, seine Liebe, Macht und Gerechtigkeit geachtet werden sollen. Es fordert uns auf, Gott in unserem Leben und Handeln so zu reflektieren, dass sein Name nicht durch Ungerechtigkeit, Hass oder Unmoral entweiht wird. Letztlich geht es darum, dass Gott einen zentralen Platz im Leben des Menschen einnimmt.
2. Was bedeutet es, dass Gottes Reich kommen soll?
Das „Kommen von Gottes Reich“ bezieht sich auf die Vision einer Welt, in der Gottes Wille vollkommen umgesetzt ist – eine Welt der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe. Es bedeutet, dass Gottes Herrschaft auf Erden und im Himmel erkennbar wird. Das Reich Gottes kommt nicht nur in einer zukünftigen Welt, sondern beginnt im Hier und Jetzt, wenn Menschen nach Gottes Willen leben, indem sie Gerechtigkeit fördern, Barmherzigkeit üben und sich um das Wohl anderer kümmern. Dieses Gebet ist ein Ausdruck der Hoffnung auf eine tiefgreifende Transformation der Welt, in der die Prinzipien des Reiches Gottes verwirklicht werden.
3. Inwiefern ist das Gebet eine Einladung zum Mitgestalten der Welt?
Das Gebet „Dein Reich komme, dein Wille geschehe“ ist nicht nur eine Bitte an Gott, die Welt zu verändern, sondern auch eine Einladung an die Betenden, selbst aktiv zu werden. Es fordert uns auf, in unserem Alltag Verantwortung zu übernehmen und Gottes Willen zu tun, indem wir zu einer gerechteren, friedlicheren und barmherzigeren Welt beitragen. Jede Bitte im Vaterunser zielt darauf ab, das eigene Verhalten zu reflektieren und sich zu fragen: „Was kann ich tun, um diese Welt mehr nach Gottes Willen zu gestalten?“ In diesem Sinne wird Beten zu einem Dialog mit Gott, bei dem wir nicht nur bitten, sondern auch unsere Rolle als Mitgestalter in Gottes Plan erkennen und annehmen.
Gemeinsames Gespräch:
Jede Gruppe teilt ihre Gedanken im Plenum. Die Lehrkraft moderiert und fördert die Auseinandersetzung mit folgenden Impulsen:
Wie unterscheidet sich Beten als Gespräch von reinem „Abspulen“ von Gebetsformeln?
Welche Verantwortung trägt der Beter?
Welche Verantwortung trägt der Beter?
Der Beter trägt die Verantwortung, das, was er im Gebet erbitten und ausdrücken möchte, ernst zu nehmen und in seinem Leben umzusetzen. Wenn er beispielsweise um Gottes Reich und Gerechtigkeit bittet, wird er aufgerufen, selbst zum Träger dieser Gerechtigkeit in seinem Umfeld zu werden. Die Verantwortung besteht darin, das Gebet nicht nur als Bitte an Gott zu sehen, sondern als Ansporn, nach Gottes Willen zu handeln. Dies bedeutet:
Ehrlichkeit im Gebet: Der Beter muss sich mit sich selbst und seinen Anliegen auseinandersetzen und ehrlich zu Gott sein.
Offenheit für Gottes Antwort: Das Gebet ist keine Einbahnstraße. Der Beter sollte bereit sein, auf Gottes Führung und Antworten zu hören, auch wenn sie Herausforderungen oder Veränderungen in seinem Leben bedeuten.
Handeln nach dem Gebet: Wer beispielsweise um Vergebung bittet, hat die Verantwortung, selbst Vergebung zu üben. Wer um Frieden bittet, sollte nach Frieden streben.
Der Beter übernimmt also Verantwortung, das Gebet nicht nur als Ritual zu verstehen, sondern es in sein tägliches Handeln zu integrieren.
(III) Praktische Anwendung (20 Minuten)
Schreibwerkstatt:
Jeder Schüler schreibt sein eigenes „persönliches Gespräch mit Gott“ basierend auf einer Strophe des Vaterunsers. Beispiele:
„Dein Reich komme“ – Was könnte das konkret für die Welt und mein Leben bedeuten?
„Unser tägliches Brot gib uns heute“ – Wen schließe ich dabei mit ein?
„Vergib uns unsere Schuld“ – Wo in meinem Leben brauche ich Versöhnung?
Option:
Wenn einige Schüler mit dem Schreiben fertig sind, können sie in Partnerarbeit ihre Texte gegenseitig vorlesen und reflektieren, wie ihr persönliches „Gebet“ mit dem Originaltext in Verbindung steht.
(IV) Präsentation der praktischen Anwendung (10 Minuten)
Freiwillige Lesung:
Schüler, die sich wohlfühlen, lesen ihre geschriebenen Gebete oder Gespräche mit Gott vor.
Die Klasse darf dabei keine Wertungen abgeben, sondern einfach zuhören und den Inhalt auf sich wirken lassen.
(V) Reflexion und Zusammenfassung (10 Minuten)
Gespräch:
„Wie hat sich euer Verständnis des Vaterunsers durch die Auseinandersetzung verändert?“
„Habt ihr das Gefühl, dass Gebet etwas an eurem Leben verändern kann?“
„Wie könnt ihr in eurem Alltag das umsetzen, was im Text angesprochen wurde?“
Kernbotschaft zusammenfassen:
Gott ruft uns durch das Gebet dazu auf, nicht nur zu bitten, sondern aktiv an einer besseren Welt mitzuwirken.
(VI) Hausaufgabe (2 Minuten)
Auftrag:
„Schreibt in euer Religionsheft einen Tagebucheintrag über ein Thema aus dem Vaterunser, das euch persönlich berührt hat (z.B. Vergebung, Gerechtigkeit, Gemeinschaft). Wie könntet ihr dies im Alltag umsetzen?“
Alternative: Gestaltet eine kreative Darstellung (Bild, Comic, Song) eines Gebetsthemas.
(VII) Abschließende Worte (2 Minuten)
Ermutigung:
„Das Vaterunser ist nicht nur ein altes Gebet, sondern eine Einladung, aktiv an Gottes Welt mitzuwirken. Wir sind Teil einer großen Gemeinschaft, die für Gerechtigkeit und Liebe in dieser Welt stehen soll.“
(VIII) Zusätzliche kreative Ideen (16 Minuten – falls mehr Zeit vorhanden ist)
Szenische Darstellung:
Schüler erarbeiten in Gruppen eine kurze szenische Darstellung eines modernen „Gesprächs mit Gott“, inspiriert vom Text. Wie würde das Gespräch in ihrer eigenen Lebenswelt ablaufen?
Kreativer Collage-Workshop:
Schüler erstellen in Kleingruppen eine Collage, die zentrale Begriffe und Bilder des Vaterunsers darstellt (z.B. „Reich Gottes“, „Vergebung“, „tägliches Brot“). Diese Collagen werden im Klassenzimmer aufgehängt.
Diese Unterrichtsstunde verbindet Textanalyse, kreatives Schreiben und persönliche Reflexion und ermöglicht den Schülern, sich auf tiefere Weise mit dem Vaterunser auseinanderzusetzen und es in ihr Leben zu integrieren.