Das Video eignet sich besonders für den Religionsunterricht ab Klasse 9 sowie in der Oberstufe, da es zentrale sozialethische Fragen berührt, die in kirchlichen Dokumenten und in der katholischen Soziallehre eine hohe Relevanz besitzen: Würde und Gleichheit aller Menschen, gerechte Teilhabe, Verantwortung für benachteiligte Gruppen, solidarisches Zusammenleben und die Frage nach einer menschenfreundlichen Ökonomie. Govrins Ansatz, Gleichheit nicht abstrakt, sondern verkörpert zu denken, eröffnet Schülerinnen und Schülern einen unmittelbaren Zugang: Sie erkennen, dass soziale und politische Fragen immer auch mit den Lebensrealitäten konkreter Menschen zusammenhängen – mit Verletzlichkeit, Abhängigkeit, Schutzbedürfnissen und Machtverhältnissen. Damit wird eine Perspektive gestärkt, die auch biblisch und theologisch vertraut ist, etwa in Jesu Zuwendung zu Verletzlichen, im Gleichnis vom barmherzigen Samariter oder in den Visionen einer gerechten Gemeinschaft (z. B. Apg 2).
Im Unterricht lassen sich verschiedene thematische Linien aufgreifen: Zum einen die Frage nach Care-Arbeit, ihrer gesellschaftlichen Bedeutung und ihrer systematischen Abwertung. Schülerinnen und Schüler können anhand eigener Erfahrungen im familiären Umfeld oder anhand beobachteter Rollenbilder reflektieren, wie Sorgearbeit verteilt ist, wie sie wahrgenommen wird und welche strukturellen Ungerechtigkeiten darin sichtbar werden. Zum anderen wird der Blick auf globale Zusammenhänge gelenkt – etwa durch das Beispiel migrantischer Arbeiter*innen in europäischen Landwirtschaftssystemen –, wodurch Verantwortungsfragen, Konsum- und Gerechtigkeitsethik sowie die Idee einer weltweiten Solidarität greifbar werden. Govrins Begriff der „differentiellen Ausbeutung“ lässt sich gut mit dem katholischen Prinzip der Option für die Armen, mit sozialethischen Leitprinzipien wie Subsidiarität und Solidarität oder mit Papst Franziskus’ Kritik an globalen Ungleichheiten in Laudato si’ und Fratelli tutti verbinden.
Methodisch bietet das Video zahlreiche Anknüpfungsmöglichkeiten für dialogische und partizipative Lernformen. Es eignet sich etwa für arbeitsteilige Erkundungen der Themenfelder Gleichheit – Körper – Sorgearbeit – Demokratie – globale Gerechtigkeit. Auch biografisches Lernen ist möglich: Govrin erzählt von ihrem Aufwachsen in einer Regenbogenfamilie und von alternativen Formen gemeinschaftlicher Sorge – ein Impuls, um über vielfältige Familienformen, soziale Netzwerke und Solidaritätspraktiken nachzudenken. Die Überlegungen zur Vier-Tage-Woche und zur Stärkung demokratischer Teilhabe regen dazu an, über Zeitgerechtigkeit, soziale Erschöpfung und die Bedingungen einer lebendigen Demokratie zu sprechen. Ebenso lassen sich Zukunftsvorstellungen („reale Utopien“) bearbeiten: Was bedeutet Demokratie als Lebensform? Wie könnte eine „sorgende Stadt“ aussehen? Was wäre notwendige Infrastruktur, damit Menschen gut leben und füreinander einstehen können? Durch die Zuspitzung auf konkrete Beispiele wird politische Philosophie für Jugendliche nicht abstrakt, sondern alltagsnah, lebensweltlich relevant und mit eigenen Erfahrungen verknüpfbar.
Religionspädagogisch eröffnet das Medium Räume für die Entwicklung ethischer Urteilskompetenz sowie für die Reflexion eigener Haltungen zu Gleichheit, Menschenwürde und Verantwortung. Die Lernenden erleben, wie philosophische Reflexion und gesellschaftliche Praxis zusammengehören – eine Einsicht, die im Religionsunterricht durch biblische Botschaften, kirchliche Soziallehre und persönliche Lebensfragen vertieft werden kann. Die Sendung fördert Sensibilität für Ungerechtigkeiten, Empathie gegenüber verletzlichen Gruppen, Mut zu gesellschaftlicher Veränderung und die Bereitschaft, im eigenen Umfeld solidarische Praktiken zu stärken. Damit unterstützt sie zentrale Bildungsanliegen einer zeitgemäßen Religionspädagogik: junge Menschen zu befähigen, die Welt verantwortungsvoll mitzugestalten und im Licht christlicher Hoffnung an der Vision einer gerechteren Gesellschaft mitzuwirken.