Für die Klassenstufen 5/6 wird eine vierstündige Unterrichtssequenz vorgestellt, in der die Schülerinnen und Schüler schrittweise an Jakobs Geschichte herangeführt werden. Nach einer kurzen Rückbindung an die vorausgehende Jakobserzählung setzen sie sich zunächst spielerisch und körperlich mit dem Ringkampf auseinander, indem sie die Szene in Zeitlupe darstellen und filmen. Diese performative Herangehensweise ermöglicht einen emotionalen Zugang: Die Lernenden erfahren unmittelbar, wie es sich anfühlt, zu kämpfen, verletzt zu werden oder nicht loslassen zu wollen. Auf dieser Grundlage erschließen sie die Frage nach der Identität des geheimnisvollen Gegners und reflektieren, wie überraschend vielfältig Gottesbilder in der Bibel sein können. Im Anschluss wird das Thema des inneren Ringens durch die Arbeit an einem Klagepsalm vertieft. Die Kinder entdecken, dass Beten auch bedeutet, Gott das eigene Leid hinzuhalten und mit ihm zu streiten. Die Sequenz mündet schließlich im Thema Segen. Anhand eines Chagall-Gemäldes und eigener Gestaltungsaufgaben erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass der göttliche Segen in der Erzählung eine konkrete existentielle Wirkung entfaltet: Er gibt Jakob Mut für die Begegnung mit Esau und wird so zu einer Kraftquelle, die auch in heutigen Lebenssituationen Bedeutung haben kann.
Für die Klassen 7/8 wird eine erweiterte, dreiteilige Einheit vorgestellt, die stärker die reflektierende Auseinandersetzung mit persönlichem Glauben, Veränderungserfahrungen und Gottesbildern in den Mittelpunkt stellt. Zu Beginn setzen sich die Jugendlichen mithilfe eines Gemäldes von Paul Klee mit hellen und dunklen Momenten einer Glaubensbiografie auseinander – zunächst allgemein, später auch biografisch. Diese Herangehensweise nimmt die Ambivalenz religiöser Erfahrungen ernst und entlastet zugleich vom Druck eines „starken“ Glaubens. Im zweiten Block wird der Satz „Ich lasse dich nicht!“ zum Leitmotiv, mit dessen Hilfe die Schülerinnen und Schüler den Ringkampf theologisch deuten und auf heutige Situationen übertragen. Durch Fotografieaufgaben, bei denen nur Hände gezeigt werden dürfen, erschließen sie die Dynamik von Kampf, Verletzung, Festhalten und Segen bildnerisch und interpretierend. Im dritten Block schließlich werden die Themen Ringen und Segen zusammengeführt, indem ein Rembrandt-Gemälde und ein Popsong („Dein Hurra“) als Impulse dienen, die widersprüchlichen Seiten des Gottesbildes und die tröstende Kraft des Segens zu verstehen. Die Jugendlichen erkennen, dass Segen nicht als magische Garantie zu begreifen ist, sondern als Zuspruch, der in Krisen stärkt und Beziehungen verwandeln kann.
Theologisch ordnet das Material die Jakobserzählung als Höhepunkt des gesamten Jakobzyklus ein: Jakob, der den väterlichen Segen durch Betrug erhalten hat, wird in der nächtlichen Auseinandersetzung mit Gott neu legitimiert und zugleich verwandelt. Der Text zeigt einen Gott, der nicht eindeutig oder harmlos ist, sondern ein geheimnisvolles Gegenüber, das sich den Menschen entzieht und zugleich berühren lässt. Gerade diese Ambivalenz eröffnet didaktisch wertvolle Möglichkeiten, Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Glauben ein Prozess ist, der Brüche, Zweifel und Konflikte einschließt. Die Erzelternerzählungen dienen so als exemplarische Lernorte, um Fragen nach Veränderung, Unverfügbarkeit, Gottesnähe und menschlicher Verletzlichkeit zu thematisieren.
Insgesamt versteht das Heft die Erzeltern nicht nur als historische Figuren, sondern als theologische Deutungsräume, die Kindern und Jugendlichen helfen können, eigene Erfahrungen zu Sprache zu bringen. Durch erzählerische, performative, künstlerische und biografische Methoden entsteht ein Religionsunterricht, der nicht nur Wissen vermittelt, sondern persönliche Glaubensprozesse begleitet und vertieft.