Zunächst wird die apokalyptische Denkbewegung als Reaktionsform auf gesellschaftliche und politische Umbrüche beschrieben. Die antike jüdische Apokalyptik interpretiert Krisenerfahrungen – etwa Fremdherrschaft und Verfolgung, im Licht einer göttlichen Heilsordnung, die jenseits der sichtbaren Welt wirkt. In ihr verbindet sich eine tiefe Erfahrung von Ohnmacht mit der Hoffnung auf eine endgültige göttliche Gerechtigkeit. Diese Tradition prägt später auch das frühe Christentum, das apokalyptische Motive in der Deutung von Kreuz, Auferstehung und Endzeit weiterentwickelt.
Im historischen Überblick zeigen die Beiträge, wie Apokalyptik unterschiedliche Formen annehmen kann: als Visionen kosmischer Umbrüche, als Deutung politischer Krisen oder als Hoffnung auf Auferstehung und Gericht. Beispiele aus antiken Texten, etwa aus Daniel, frühjüdischen Schriften oder der Offenbarung des Johannes, verdeutlichen, wie apokalyptische Literatur durch Bilder, Symbole und Visionen komplexe Krisenerfahrungen deutet und zugleich Hoffnungsperspektiven eröffnet.
Das Heft weist zudem auf die Säkularisierung apokalyptischer Motive in der Gegenwart hin: Popkultur, Filme, Serien, Musik und politische Krisenerzählungen greifen die Bildwelt traditioneller Apokalyptik auf, entleeren sie jedoch oft ihrer religiösen Tiefendimension. Dadurch entsteht eine „kupierte Apokalyptik“, die zwar Katastrophenszenarien entwirft, aber keine Erlösungsperspektive kennt. Diese Form moderner Endzeitstimmung kann für Jugendliche einerseits faszinierend sein, birgt andererseits aber Gefahren von Angstdiskursen, Pessimismus oder politischer Vereinnahmung.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Johannesoffenbarung, deren reiche Bildsprache eine außergewöhnliche Wirkungsgeschichte entfaltet hat. Die apokalyptischen Visionen werden als theologische Deutung der Wirklichkeit verstanden, die nicht als geheimnisvolle Endzeitprophetie, sondern als Ermutigung zum Widerstand gegen ungerechte Machtstrukturen gelesen werden kann. Gleichzeitig wird die ambivalente Wirkung der drastischen Bilder reflektiert.
Zur Vertiefung bietet das Heft kunstgeschichtliche Einblicke in die Bibelillustration und mittelalterliche Darstellungen apokalyptischer Motive, etwa in der Koberger Bibel oder anderen Apokalypse-Zyklen. Diese visuellen Quellen zeigen, wie unterschiedlich die Bildwelt der Apokalypse im Laufe der Jahrhunderte interpretiert wurde.
Für die schulische Praxis stellt das Heft schließlich konkrete Unterrichtsansätze bereit: etwa die Analyse apokalyptischer Motive in der Netflix-Serie Ragnarök, ein Unterrichtsspiel zur „Reise in die Ewigkeit“ oder Hinweise zu außerschulischen Lernorten wie dem Bibelhaus Frankfurt. Ziel ist es, mit Schülerinnen und Schülern Chancen und Risiken apokalyptischer Vorstellungen zu reflektieren und ihre religiöse Deutungskompetenz zu fördern, sodass sie zwischen destruktiver Angstmache und hoffnungsvoller Glaubensperspektive unterscheiden lernen.