Im Zentrum steht Jesu Botschaft vom Reich Gottes, das nicht nur eine zukünftige Hoffnung, sondern eine bereits anbrechende neue Wirklichkeit meint. Die Gleichnisse werden als narrative Ausdrucksformen dieser neuen Realität verstanden. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung biblischen Wissens, sondern um die persönliche Konfrontation mit veränderten Maßstäben: Was bedeutet Gerechtigkeit, wenn der Letzte dem Ersten gleichgestellt wird? Was bedeutet Vergebung, wenn Schuld nicht vergolten, sondern aufgehoben wird? Die Texte fordern dazu heraus, eigene moralische Maßstäbe zu hinterfragen – etwa beim Umgang mit Schuld, Misserfolg, Fremdheit oder Leistung.
Das Modul nimmt die Lernenden mit auf eine hermeneutische Reise: vom bloßen Nacherzählen hin zur eigenständigen Deutung. Die Differenz zwischen damaliger Hörerfahrung und heutiger Weltwahrnehmung wird bewusst gemacht. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der ethischen Aktualität der Gleichnisse. So wird etwa der Samaritertext mit dem Paragraphen zur „unterlassenen Hilfeleistung“ (§ 323c StGB) in Beziehung gesetzt, um zu zeigen, wie biblische Texte auch heute zu verantwortlichem Handeln anregen können.
Methodisch vielfältig angelegt – mit Impulstexten, Bildinterpretationen (z. B. Rembrandts „Rückkehr des verlorenen Sohnes“), juristischen Querverweisen und theologischen Kommentaren – fördert dieses Modul die Fähigkeit der Schüler:innen zu ethischer Urteilsbildung, kritischer Reflexion und existenzieller Orientierung. Es eignet sich sowohl für die Unterrichtsreihe zu Jesus Christus als auch zur thematischen Vertiefung im Bereich Ethik, Verantwortung und Gerechtigkeit.