Anhand von zwei umfangreichen Kopiervorlagen setzen sich die Lernenden kritisch mit der biblischen Überlieferung und deren theologischer Interpretation auseinander. Die erste Kopiervorlage behandelt die Jungfrauengeburt Jesu. Ausgangspunkt ist die Auseinandersetzung mit einschlägigen Bibelstellen (z. B. Mt 1,18–25; Lk 1,26–38), deren Bezug zur prophetischen Ankündigung in Jesaja 7,14 analysiert wird – auch hinsichtlich sprachlicher Übersetzungsfragen (hebräisch „alma“ vs. griechisch „parthenos“). Über eine Internetrecherche und textliche Analyse hinaus wird die Reflexion auf das heutige Verständnis dieser Glaubensaussage gelenkt. Zudem wird das Berufsbild Jesu in den Blick genommen – etwa die Deutung von „tekton“ (Handwerker/Zimmermann) – und in Beziehung zur historischen Lebensrealität im 1. Jahrhundert gesetzt. Als Erweiterung ist eine GFS zu Reza Aslans „Zelot – Jesus von Nazaret und seine Zeit“ vorgesehen.
Die zweite Kopiervorlage beschäftigt sich mit der Frage, ob Jesus in Betlehem oder Nazaret geboren wurde. Ausgehend von unterschiedlichen neutestamentlichen Darstellungen wird deutlich, wie theologische Anliegen – etwa die Anbindung an das davidische Königtum – zur Entstehung bestimmter Narrative beigetragen haben könnten. Die Schüler:innen lernen, zwischen historischem und theologischem Gehalt zu unterscheiden und reflektieren dabei auch die Bedeutung des Weihnachtsfestes in Kirche und Gesellschaft. Ein Text aus dem Magazin „schatten und licht“ regt zur Diskussion über die gegenwärtige Relevanz biblischer Erzählmuster an. Zusätzlich wird ein musikalischer Zugang über das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach angeboten.
Das Modul ist offen gestaltet und bietet zahlreiche Differenzierungsmöglichkeiten – sowohl inhaltlich als auch methodisch. Die Lehrkraft kann je nach Lerngruppe und zur Verfügung stehender Zeit entscheiden, ob sie eher Grundlagen schafft oder komplexere Debatten anstößt. Auch kontroverse Gespräche über die Plausibilität und Aussagekraft biblischer Berichte sind erwünscht. Dabei steht ein sensibler, nicht destruktiver Umgang mit Glaubensaussagen im Zentrum, um Barrieren zu überwinden, ohne religiöse Geborgenheit zu gefährden.
Das Modul eignet sich besonders für den Einsatz rund um Weihnachten, kann aber auch unabhängig davon im Rahmen theologischer oder religionskritischer Unterrichtseinheiten genutzt werden. Es fördert theologisch reflektierte Urteilsbildung, interreligiöse Sensibilität und die Fähigkeit zum kritischen Umgang mit tradierten Vorstellungen.