Christliche Gewissensethik mit Bezug auf Römer 13
Das Interview mit dem Theologen Michael Pees im Format Glaubenskompass thematisiert das Spannungsfeld zwischen christlichem Gehorsam gegenüber staatlicher und kirchlicher Autorität und der Verantwortung des individuellen Gewissens.
Zentrale Aussagen:
Römer 13 und Obrigkeit: Christen sind grundsätzlich zum Gehorsam gegenüber staatlicher Autorität verpflichtet, da diese von Gott eingesetzt sei. Regeln und Gesetze stiften Ordnung und verhindern Chaos.
Grenzen des Gehorsams: Wo staatliche Anordnungen dem christlichen Gewissen widersprechen – etwa bei ethisch strittigen Themen wie Abtreibung – gilt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29). Dann hat das Gewissen Vorrang vor dem Gesetz.
Das christliche Gewissen: Es wird als von Gott eingesetzte Instanz beschrieben, die sich vom „weltlichen“ oder „abgestumpften“ Gewissen unterscheidet. Es müsse gebildet und gepflegt werden – durch Orientierung an Bibel, Gebot und Gebet.
Beispiel Thomas Morus: Der englische Lordkanzler widersetzte sich der kirchenpolitischen Linie Heinrichs VIII., verweigerte den Treueeid und wurde dafür hingerichtet. Morus gilt als Vorbild eines politisch Handelnden mit Gottvertrauen und Prinzipientreue.
Papst Johannes Paul II. und die Politik: Mit der Erhebung von Morus zum Patron der Politiker wollte der Papst dazu anregen, dass sich Regierende stärker vom christlichen Gewissen als von Staatsräson leiten lassen.
Konsens und Gewissen: Kompromissfähigkeit ist wichtig, aber sie findet ihre Grenze bei fundamentalen moralischen Fragen, etwa dem Lebensschutz.
Moderne Gewissenszeugen: Franz Jägerstätter, ein österreichischer Bauer, verweigerte im Dritten Reich aus Gewissensgründen den Wehrdienst und wurde hingerichtet. Auch er gilt als Märtyrer des Gewissens.
Gewissenskonflikte innerhalb der Kirche: Auch kirchliche Autoritäten können gegen das göttliche Gewissen handeln. Dann sei es Pflicht der Gläubigen, in Liebe zur Korrektur zu ermutigen.
Freiheit durch Gehorsam: Wahre christliche Freiheit bedeutet, in freier Entscheidung Gottes Willen zu folgen. Dies sei ein Gehorsam aus Liebe, nicht aus Angst vor Strafe.
Pädagogischer Hinweis:
Das Interview bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für ethische, politische und theologische Diskussionen im Religionsunterricht der Sekundarstufe II – etwa zum Thema „Gewissensbildung“, „Staat und Kirche“ oder „Zivilcourage und Märtyrertum“.