Zusammenfassung:
In der Sendung Glaubenskompass erläutert der katholische Philosoph Dr. Josef Bordat zentrale Aspekte des Verhältnisses der katholischen Kirche zum Nationalsozialismus. Er widerspricht der pauschalen These, die Kirche habe mit den Nazis kollaboriert und sei mitschuldig an der Judenverfolgung. Stattdessen zeichnet er ein differenziertes Bild:
Vielschichtiges Verhalten: Die Haltung der katholischen Kirche gegenüber dem NS-Regime war ambivalent – sie reichte von stiller Duldung über vorsichtiges Arrangieren bis zu offenem Widerstand.
Keine ideologische Schnittmenge: Grundsätzliche Übereinstimmungen zwischen katholischer Lehre und NS-Ideologie gab es nicht. Anfangs hegten jedoch manche Katholiken gewisse Hoffnungen, etwa aufgrund des NS-Antikommunismus oder der Arbeitsmarktpolitik.
Frühe Ablehnung: Bereits vor 1933 erklärte die Kirche eine Mitgliedschaft in der NSDAP für unvereinbar mit dem katholischen Glauben.
Versuche der Vereinnahmung und Diskreditierung: Die Nationalsozialisten versuchten zunächst, das Christentum gleichzuschalten. Als das bei der katholischen Kirche nicht gelang, starteten sie Schmutzkampagnen – etwa durch Hetzartikel im Stürmer, durch Missbrauchsbehauptungen oder pseudowissenschaftliche Hexenforschung im Auftrag Himmlers.
Widerstand prominenter Kirchenvertreter: Besonders genannt werden Bischof von Galen, der öffentlich gegen das Euthanasieprogramm T4 protestierte, sowie Dompropst Bernhard Lichtenberg, der wegen seines Eintretens für Juden und seine Kritik an der Pogromnacht verhaftet wurde und auf dem Weg ins KZ Dachau starb.
Priesterverfolgung: Im KZ Dachau waren über 2.500 Geistliche inhaftiert, darunter etwa 90 % katholische Priester. Der sogenannte Priesterblock ist ein bedeutendes Zeugnis für religiösen Widerstand im Konzentrationslager.
Didaktischer Hinweis: Der Beitrag ermöglicht eine fundierte Diskussion über kirchliches Handeln in Diktaturen, moralisches Handeln unter Zwang und die Gefahren pauschaler Urteile in der historischen Rückschau. Er eignet sich gut zur Analyse von Ambivalenz und Zivilcourage.