In der Sendung „Gesichter der Weltkirche“ berichtet Erzbischof Sebastian Shaw aus Lahore, Pakistan, über die historischen Wurzeln des Christentums in seiner Heimat, seine persönliche Berufung zum Priesteramt sowie über die Herausforderungen, denen Christinnen und Christen in Pakistan heute begegnen. Die Ursprünge der Kirche in Pakistan reichen laut Überlieferung bis zu den Aposteln Thomas und Bartholomäus zurück. Besonders der heilige Thomas habe im Norden des heutigen Pakistan, in Taxila, das Evangelium verkündet und eine erste Kirche gegründet. Dort, im kulturellen Kontext der Gandhara-Zivilisation, habe er mutig und allein, ohne Sprachkenntnisse oder kulturelle Nähe, die Botschaft der Liebe Gottes weitergegeben. Die Fundamente dieser alten Kirche seien heute noch sichtbar und seien in jüngerer Zeit als Grundlage für einen Neubau genutzt worden.
Nach einer langen Phase der Unsichtbarkeit des Christentums – bedingt durch Kriege, Gewalt und Verfolgung – kam im 16. Jahrhundert mit den Jesuiten unter Kaiser Akbar erneut christliches Leben in die Region. Mit der britischen Kolonialherrschaft wurde das Christentum im 19. Jahrhundert wieder öffentlich sichtbar. Lahore wurde 1886 zu einer eigenständigen Diözese und ist seither das älteste Bistum in der Region. Italienische und später belgische Kapuziner spielten eine zentrale Rolle bei der Evangelisierung.
Erzbischof Shaw erzählt eindrücklich von seiner Berufung. Er stammt aus dem von niederländischen Franziskanern gegründeten Dorf „Padri Jogot“ („Dorf der Priester“) im Sindh. Bereits als Kind war er in kirchliche Aktivitäten eingebunden – als Ministrant, Lektor und Mitglied der Legion Mariens. Seine Familie, besonders seine Mutter und Großväter, hatte großen Einfluss auf seinen Glauben. Als Jugendlicher stand er vor der Entscheidung, entweder Marineoffizier zu werden – ein Weg, den sein Onkel vorschlug – oder Priester. Kurz vor einer Aufnahmeprüfung der Marine schlief er beim Beten in der Kathedrale ein und verpasste die Prüfung. Dieses Erlebnis deutete er als Zeichen, dass Gott ihn in den geistlichen Dienst rufen wollte. Ein weiterer Traum, in dem ihn Franziskanerbrüder aufforderten, ihnen zu folgen, bestätigte diesen inneren Ruf. Schließlich trat er dem Franziskanerorden bei.
Shaw betont, dass in Pakistan die Familie eine zentrale Rolle in der religiösen Erziehung spielt. Kinder lernen ihren Glauben zunächst durch einfache Gesten, Geschichten und alltägliche Erfahrungen in der Familie. So wie er als Kind von seiner Mutter lernte, was Wasser ist – „pani“ in der Landessprache –, so lerne man auch durch familiäre Rituale, was Glaube bedeutet. Gerade in ländlichen Regionen ist der Glaube eng mit dem Alltag und der Landwirtschaft verknüpft, etwa wenn für Regen gebetet wird.
Christsein in Pakistan ist mit Herausforderungen verbunden: Christen leiden unter Diskriminierung, Blasphemiegesetzen und Gewalt. Doch Erzbischof Shaw sieht im inneren Glauben eine Quelle der Kraft. Wer innerlich gefestigt sei, könne Leiden von außen bewältigen, ohne daran zu zerbrechen. Die Botschaft Jesu, so Shaw, bestärke ihn in seiner Hoffnung und seiner Aufgabe, ein glaubwürdiges Zeugnis für Christus zu geben. „In dir ist ein Licht, das die Dunkelheit nie erreichen kann“, sagt er – ein Satz, der seine Zuversicht und sein Verständnis von geistlicher Führung zusammenfasst.
Erzbischof Shaw gibt mit seinem Lebenszeugnis einen tiefen Einblick in das spirituelle Leben einer christlichen Minderheit in Pakistan. Seine Geschichte zeigt, wie familiäre Prägung, persönliche Glaubenserfahrungen und die Kraft der christlichen Gemeinschaft eine Berufung formen und tragen können – auch unter schwierigen Bedingungen.