Zusammenfassung des Interviews aus „Gesichter der Weltkirche“:
In dieser Folge besucht das Team das Priesterseminar Leopoldinum im Stift Heiligenkreuz bei Wien. Gesprächspartner ist ein junger griechisch-katholischer Priesteramtskandidat aus der Ukraine mit einer eindrucksvollen Berufungsgeschichte.
Er erzählt, dass seine Berufung schwer zu erklären sei – sie sei mehr ein inneres Spüren als eine bewusste Entscheidung. Seine religiöse Reise begann, als ihn seine Großmutter aufforderte, zur Kirche zu gehen. Dort war er tief beeindruckt von der Liturgie und der Atmosphäre. Obwohl er damals stark stotterte, wagte er den Schritt und fragte, ob er ministrieren dürfe. Ein Mann sagte scherzhaft, er müsse dann jeden Tag zur Kirche – was der Junge ernst nahm. So begann sein regelmäßiger Kirchgang und sein tiefes geistliches Leben.
Früher war er Boxer und hatte viele Konflikte in der Schule. Durch die Kirche fand er zu innerem Frieden, lernte, mit Gott zu sprechen und seine Wut anders zu verarbeiten. Besonders betet er für seine Familie: Der Vater war meist im Ausland, die Mutter zurückhaltend und allein zuhause, seine Geschwister eher distanziert vom Kirchgang.
Er reflektiert auch über seine Zugehörigkeit zur griechisch-katholischen Kirche, die dem orthodoxen Ritus folgt, aber mit Rom uniert ist. Das liturgische Leben unterscheidet sich spürbar vom römisch-katholischen Ritus, vor allem durch die Form der Göttlichen Liturgie.
Der Krieg in der Ukraine trifft ihn persönlich stark. Seine Familie ist inzwischen verstreut: Der Vater wurde an die Front eingezogen, die Mutter lebt in der Slowakei, ein Bruder ist in Kiew, der andere mit ihm im Kloster. Trotz des Wunsches, beim Vater zu sein, fühlt er sich berufen, seinem Volk geistlich beizustehen – künftig in Kroatien, wo viele Ukrainer im Exil leben.
Er versteht sich dort als „geistlicher Arzt“, der mit seinem Volk Leid und Flucht teilt. Auch er selbst sei verwundet – innerlich – durch den Krieg. Seine Spiritualität ist geprägt von ehrlichem Gebet, auch Klage, wie in den Psalmen: mit Gott schimpfen sei erlaubt, solange es authentisch sei.
In Mitteleuropa hat ihn besonders die Unspontaneität und Planungsfreude der Menschen überrascht. Er hat sich angepasst – ist pünktlicher und strukturierter geworden –, fühlt sich innerlich aber weiter als Ukrainer.
Sein Schlusswort: Beten wir für den Frieden – er ist näher, als wir denken.
Kernaussagen:
Berufung als inneres Spüren, nicht rational erklärbar
Glaube begann durch Großmutter und wurde durch Liturgie vertieft
Kirche als Wendepunkt in einer gewaltgeprägten Kindheit
Krieg als persönliche Belastung, Berufung als geistliche Antwort
Ehrliches, auch klagendes Gebet als zentrale spirituelle Praxis
Integration in Mitteleuropa mit Erhalt der eigenen kulturellen Identität
Dienst für das Volk auch im Exil als priesterliche Aufgabe